Das Jahr ist noch jung und doch sind wir gedanklich schon mitten in der Bike-Saison. Unser Kursangebot steht und wird in den nächsten Tagen laufend mit den Weekends und Touren ergänzt.

Da noch Januar ist, drucken wir euch gerne den Artikel ab, welcher in den Oltner Neujahrsblättern über unseren Dominik als Mountainbikelehrer mit eidgenössischem Fachausweis erschienen ist.

Traumberuf: Mountainbikelehrer

Text: Raphael Wermelinger
Fotos: Claude Hurni

Der studierte Geologe Dominik Hug hat seine Komfortzone verlassen und macht jetzt das, was er eigentlich will im Leben.

Eine orangene, knielange und leicht flatternde Hose. Ein rotes T-Shirt eines amerikanischen Sportbekleidungsherstellers, der vor allem bei Bikern und Triathleten beliebt ist, mit einer Berglandschaft als Motiv drauf. Eine dazu passende Sonnenbrille mit rot getönten Gläsern sowie rot-schwarze Handschuhe und ein schwarzer Helm. Dies ist die Arbeitskleidung von Dominik Hug. Sein Werkzeug an diesem schwülen Tag im Corona-Sommer 2020 ist ein türkisfarbenes Mountainbike der Marke Yeti, mit 29-Zoll-Rädern und einem Gewicht von etwas mehr als 13 Kilogramm.

Als unser Treffpunkt dient der Parkplatz vor der Oltner Stadthalle. An diesem Abend steht eine Einzellektion in der Agenda. Dominiks Schülerin kommt extra aus Zuchwil nach Olten, «um von Anfang an zu lernen, wie man es richtig macht und um sich sicher zu fühlen auf dem Mountainbike». Bei den ersten Übungen zum Aufwärmen sind Gleichgewicht und Geschicklichkeit gefragt. Die beiden fahren langsam aufeinander zu, bis sich die Vorderräder berühren. Die Steigerung dieser Übung folgt sogleich: aufeinander zufahren, nebeneinander bremsen und den Fuss auf das Hinterrad des anderen Bikes stellen – ein richtiger Balanceakt.

Als nächstes soll der Lenker beim Fahren soweit wie möglich in der Mitte gefasst werden. Diese Übung braucht offensichtlich etwas Überwindung bei der Neueinsteigerin. «Immer nach vorne schauen. Den Blick dorthin richten, wo man hinfährt, nicht auf das Rad oder den Lenker», korrigiert Dominik Hug. «Und jetzt versuchst du mal, die Hände auf dem Lenker zu kreuzen.» Zuerst nur beim Geradeausfahren, dann kommen zaghafte Lenkbewegungen dazu. Nahtlos geht es zum Training der richtigen Kurventechnik über. Auf einem engen Platz von drei Parkfeldern eine Acht fahren, heisst die Herausforderung. «Mach einen leichteren Gang rein, damit du regelmässiger trampen kannst», greift Hug ein. «Und achte auf die Stellung der Pedale in der Kurve.»

Vor gut 25 Jahren bekam der gebürtige Trimbacher sein erstes Mountainbike geschenkt. Es war ein blau-graues der Marke Wheeler, wie er sich zurückerinnert. In die Karten spielte ihm dabei, dass sein Vater als Velo- und Motorradmechaniker sozusagen «an der Quelle» war. So bekam er stets die neusten Entwicklungen und Trends mit. Schon auf seine ersten Erkundungstouren in der näheren Umgebung packte ihn die Begeisterung fürs Mountainbiken. Einerseits konnte er damit seinem Körper etwas Gutes tun und sich in Form bringen, andererseits diente ihm dieses Hobby dazu, aus dem Alltagstrott auszubrechen und die Freiheit zu geniessen. «Beim Biken kann ich abschalten. Es tut mir einfach gut. Das Fahren hilft mir oft, den Kopf durchzulüften und Probleme oder Sorgen zu verarbeiten», führt er aus. Je älter er wurde, desto weiter führten in seine Touren. «Der Jura bietet unzählige spektakuläre Trails direkt vor der Haustüre, die zudem fast das ganze Jahr über befahrbar sind.» So lernte er auch diese Landschaft immer mehr zu schätzen. Als Glücksfall bezeichnet er ausserdem, dass er seinen zwei Jahre jüngeren Bruder Matthias früh mit dem «Bikefieber» anstecken konnte. «Wir sind auch heute noch oft und gerne zusammen auf den Trails unterwegs», sagt er.

Das Biken hat für den 37-Jährigen, der in seiner Freizeit E-Bass und Eishockey spielt, aber auch mit Freiheit zu tun. Die Welt auf zwei Rädern erkunden – er kann sich kam etwas Schöneres vorstellen. Sein langjähriges Hobby führte ihn auch mehrere Male nach Übersee, insbesondere nach Kanada, wo er «die schönsten Single-Trails erkundete». Um seinen Ehrgeiz zu stillen und die eigenen Grenzen auszuloten, nahm Hug auch an Rennen teil. 24-Stunden-Herausforderungen wurden zu einer seiner Leidenschaften. Mehr als ein halbes Dutzend Mal startete er am 24-Stunden-Rennen in Davos. Zuerst in 6er- und 4er-Teams. 2016 dann allein – quasi als Krönung seiner Rennkarriere. Er bewältigte in 24 Stunden fast 400 Kilometer, belegte den zweiten Platz und darf sich seither sogar Vize-Europameister nennen.

Auf einen Trainingsplan legt er seit dem Erreichen des 30. Lebensjahres keinen Wert mehr. Er will einfach fahren uns so viele schöne Momente wie möglich erleben: Das ist seither seine Vorstellung von Training. So nutzte er einige Jahre lang den Arbeitsweg von Olten nach Muttenz ins Ingenieurbüro, in dem er nach seinem Geologie-Studium arbeitete, als Trainingsstrecke – natürlich mit gelegentlichen Umwegen, sonst wäre es ihm ja langweilig geworden. Er begann zudem, sein Wissen zum Thema Biken zu vertiefen. Mittlerweile ist Mountainbiken für ihn nicht mehr ein Hobby, sondern sein Beruf. 2015 startete er die Ausbildung zum zertifizierten Mountainbike-Guide, gründete daraufhin «kurzerhand» gemeinsam mit einem Kollegen die Bikebuebe und begann, Fahrtechnikkurse und Touren anzubieten.

Vor drei Jahren «verliess er die Komfortzone endgültig», wie er selbst sagt. Dominik Hug gab seinen sicheren Job als Geologe auf und wurde selbständig. Kein einfacher Schritt, wie er rückblickend festhält. Doch nachdem er sich mit der Frage konfrontiert hatte, was er im Leben will, gab es für ihn nur noch diese eine Option. Denn die Antwort war eindeutig: Biken. «Ich musste es riskieren, denn es gibt für mich kaum Schöneres, als in der Natur unterwegs zu sein, Kontakt zu Menschen zu haben und meinem grössten Hobby nachzugehen.» Um dieses zum Beruf zu machen, musste er seine sichere Anstellung aufgeben und ein Wagnis eingehen. Das Geld ist dabei definitiv nicht sein Antrieb. Er lebe ganz bewusst nicht auf grossem Fuss und habe auch nicht das Gefühl, er müsse auf etwas verzichten, sagt er. «Ich mache das, um andere mit meiner Leidenschaft anzustecken, meine Erlebnisse weiterzugeben, schöne Strecken zu zeigen und die richtige Technik zu lehren, um den Fahrspass zu steigern.»

Seit November 2019 besitzt Hug offiziell den Status eines Mountainbikelehrers mit eidgenössischem Fachausweis. Dafür musste er diverse J+S-Kurse belegen, sich vom Schweizer Radsportverband Swiss Cycling zum Mountainbike-Guide ausbilden lassen und seine Kenntnisse an einer Berufsprüfung unter Beweis stellen. Der ganze Werdegang beanspruchte rund drei Jahre. Sein Angebot hat sich bereits in kürzester Zeit herumgesprochen. Vom Frühling bis im Herbst 2020 wäre er ausgebucht gewesen, hätte ihm nicht das Coronavirus dazwischengefunkt. Ende Mai rollte das Business dann langsam wieder an, seit Juni herrscht allmählich wieder Normalbetrieb.

Der zweite Teil der Einzellektion mit der Bikerin aus Zuchwil findet im Säliwald statt. Die Temperaturen sind dort deutlich angenehmer. Zweimal fahren die beiden einen Zick-Zack-Weg hinauf. Im Fokus steht allerdings die richtige Brems- und Kurventechnik bei der Abfahrt. Auch die letzte Station der Lektion hat es in sich; ein steiler und relativ enger Waldweg flankiert von einer Holztreppe. Hug fährt seiner Schülerin je nach Situation voraus oder hinterher, um jedes Detail beobachten und, wenn nötig, korrigierend eingreifen zu können. Den Überblick zu behalten, gelingt ihm auch am folgenden Tag beim Unterrichten von mehreren Personen mühelos. Diesmal ist es eine Familie, die ihn «gebucht» hat. Seine Klientel ist äusserst vielfältig: Schulen, Vereine, Firmen, Paare, Familien, Einzelpersonen, Versicherungen.

Auch seine Tätigkeiten sind abwechslungsreich: Jede Tour muss rekognosziert, jede Lektion genau durchgeplant werden. Was Methodik und Didaktik angehe, müsse er sich stets den Bedürfnissen seiner Kunden anpassen. Ausschliesslich auf dem Mountainbike ist der Geschäftsführer der Bikebuebe natürlich nicht unterwegs. Die Einteilung der Guides, die Planung von Events und weitere Büroarbeiten gehören ebenfalls zu seinem Berufsalltag. Zudem hat er Beratungsmandate inne und bildet als Experte zukünftige Guides bei Swiss Cycling aus. Auch in seiner raren Freizeit setzt er sich mit viel Herzblut für den Fahrradsport ein und wirkt unter anderem im Vorstand des Bikeclub Olten mit. «Aktuell engagieren wir uns aktiv für einen Pumptrack in der Region Olten», schildert er. Sein Ziel ist es, das Fahrradfahren noch stärker im Breitensport zu verankern. «Fahrradfahren ist etwas für jede Altersklasse und sehr niederschwellig zugänglich», sagt er. «Das soll mit einem solchen Angebot wie dem Pumptrack stärker gefördert werden.»

Nach den Lektionen lädt Dominik Hug gerne in die Gelateria in der Altstadt ein. Dort trifft man ihn auch regelmässig an, wenn er Pause oder Feierabend hat – natürlich immer in Mountainbike-Montur und mit Vollbart. Ganz in der Nähe hat er lange Zeit mit seiner Freundin Danila gelebt, mit der er bereits seit 13 Jahren zusammen ist und die er als «beste Beraterin und grösste Kritikerin, die ihm stets den Spiegel vorhält», beschreibt. Mittlerweile sind die beiden nach Trimbach umgezogen, wo er aufgewachsen ist. Wobei er selbst keinen Unterschied macht zwischen den beiden Gemeinden. Olten und Trimbach gehören für ihn schon seit seiner Kindheit untrennbar zusammen und Grenzen kennt er als Mountainbiker mit Drang nach immer neuen Erkundungstouren sowieso nicht.

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